
Zivile Immobiliengesellschaften (Société civile immobilière – SCI) und in der Schweiz ansässige Personen – Achtung, Gefahr!
Veröffentlichungsdatum: 2023
Jahrelang schien die zivile Immobiliengesellschaft (SCI) ein ideales Rechtsinstrument für Investitionen von in der Schweiz ansässigen Personen in Frankreich zu sein.
Tatsächlich ermöglichte es das französisch-schweizerische Erbschaftssteuerabkommen vom 31. Dezember 1953 in der Schweiz ansässigen Personen, die Erbschaftssteuer auf in Frankreich gehaltenes unbewegliches Vermögen über eine Gesellschaft zu vermeiden.
Mit der Kündigung des Abkommens durch Frankreich im Jahr 2014, die am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, wurde dieser Vorteil vollständig beseitigt.
Nach wie vor bestehen jedoch Tausende von SCIs von in der Schweiz ansässigen Personen. Und nicht nur ermöglichen es diese SCIs nicht mehr, die Erbschaftssteuer in Frankreich zu umgehen, sondern sie setzen ihre Eigentümer darüber hinaus einigen steuerlichen Nachteilen sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz aus.
Deshalb: Achtung, Gefahr!
Gemeinsam werden wir kurz drei Risiken betrachten, die mit diesen SCIs für in der Schweiz ansässige Personen verbunden sind.
1. Vermögensbesteuerung in der Schweiz: Wenn der Schweizer Fiskus die französischen SCIs abfängt
Frankreich und die Schweiz kennen ein Prinzip der Vermögensbesteuerung.
In Frankreich handelt es sich um die Impôt sur le Fortune Immobilière (IFI), vormals ISF genannt.
Sie findet auf alle in Frankreich gehaltenen Immobilien Anwendung, unabhängig davon, wo der Eigentümer wohnt.
Diese Steuer fällt an, wenn das (Netto-)Vermögen € 1'300'000 übersteigt.
Ist diese Schwelle erreicht, gelten folgende Steuertarife:
Bruchteil des steuerbaren Nettovermögens | Anwendbarer Steuersatz |
---|---|
Bis zu € 800'000 | 0 % |
Zwischen € 800'001 und € 1'300'000 | 0.50 % |
Zwischen € 1'300'001 und € 2'570'000 | 0.70 % |
Zwischen € 2'570'001 und € 5'000'000 | 1 % |
Zwischen € 5'000'001 und € 10'000'000 | 1.25 % |
Über € 10'000'000 | 1,50 % |
Eine Besonderheit der IFI besteht in der Differenz zwischen dem Schwellenwert, ab dem die Steuer geschuldet ist (€ 1'300'000) und dem Betrag, ab dem der Steuerpflichtige dann besteuert wird (€ 800'000).
Auf schweizerischer Seite stellt sich die Situation komplexer dar. Denn die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens obliegt den Kantonen. Dementsprechend gibt es 26 verschiedene Steuergesetze in diesem Bereich.
Allerdings wurde eine gewisse Harmonisierung mit dem Steuerharmonisierungsgesetz (StHG) vorgenommen. Die Liegenschaften fallen in den Bereich des steuerbaren Vermögens (Art. 13 StHG), allerdings unter Vorbehalt der Bestimmungen über die Doppelbesteuerung.
In einem kürzlich dem Bundesgericht vorgelegten Rechtsstreit (BGE 2C_365/2021 vom 13. Dezember 2022) vertrat die Waadtländer Verwaltung die Auffassung, dass ein Steuerpflichtiger mit Wohnsitz in diesem Kanton in die Bemessungsgrundlage seiner Vermögenssteuer den Wert der von ihm gehaltenen Anteile an einer französischen SCI einbeziehen müsse.
Der Steuerpflichtige widersetzte sich dieser These mit der Begründung, dass die französische Liegenschaft bereits unter die IFI falle. Er ging jedoch davon aus, dass das schweizerisch-französische Steuerabkommen vom 9. September 1966 (Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht) jegliche «Doppelbesteuerung» verhinderte.
Im erwähnten Entscheid vom 13. Dezember 2022 gibt das Bundesgericht der Waadtländer Steuerverwaltung Recht, indem es davon ausgeht, dass die Anteile an der SCI in den Anwendungsbereich der schweizerischen Vermögenssteuer fallen.
Folglich kann der Wert der Anteile an einer SCI dem steuerbaren Vermögen in der Schweiz zugerechnet werden.
In diesem Fall ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht das Fehlen einer effektiven Besteuerung in Frankreich durch die IFI festgestellt hat, da das Gut einen Wert von weniger als € 1'300'000 aufweist.
2. Gefahr der Doppelbesteuerung bei Erbschaften
Ende 2022 war der Nachlass eines Schweizer Erblassers, der zu mehr als 100 % besteuert wurde, Gegenstand zahlreicher Schlagzeilen.
«Erben durch französische und schweizerische Steuern geschröpft» titelte die Tribune de Genève am 21. Oktober 2022, «Die 125'000 Euro, die sie als Erbschaft erhalten haben… kosten sie Geld» hiess es in der Zeitung «Le Progrès», «Zwei Brüder erben von ihrem Schweizer Cousin und werden zu… 115 % besteuert» meldete auch die Zeitung «Le Parisien».
Was ist davon zu halten? Und inwiefern muss uns diese absurde Situation zum Nachdenken über die SCI veranlassen?
Im vorliegenden Fall ging es um Erben mit Wohnsitz in Frankreich, die von einem entfernten, in der Schweiz wohnhaften Cousin Bankguthaben erben.
Stellen wir uns die gleiche Konstellation mit einem in der Schweiz wohnhaften Erblasser und einer französischen SCI vor. Lassen Sie uns sogar annehmen, dass die Erben ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. Es handelt sich dabei um einen Fall, der auf viele Schweizer Familien zutrifft, die einfach eine SCI für einen Kauf in Frankreich errichtet haben.
Der einzige Anknüpfungspunkt zu Frankreich besteht dann in der SCI.
In Frankreich wendet die Steuerbehörde die Bestimmungen von Art. 750 ter des französischen allgemeinen Steuergesetzbuchs (Code général des impôts) an, der die Besteuerung von in Frankreich belegenem beweglichem und unbeweglichem Vermögen in Frankreich vorsieht.
Frankreich wird daher die Anteile an der SCI im Erbfall besteuern.
Aufgrund der entfernten Verwandtschaftsbeziehung im obigen Beispiel (die Erben waren Cousins) wendet Frankreich einen Steuersatz von 60 % an.
Grundsätzlich bestehen Bestimmungen zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen, indem beispielsweise eine in einem Land bezahlte Steuer an die in einem anderen Land geschuldete Steuer angerechnet werden kann.
Auf Seiten Frankreichs könnten mangels eines Erbschaftssteuerabkommens zwischen Frankreich und der Schweiz nach der Kündigung des früheren Abkommens im Jahr 2014 durch Frankreich nur die allgemeinen Bestimmungen helfen.
Art. 784 A des französischen allgemeinen Steuergesetzbuchs ermöglicht es üblicherweise, eine Lösung für diese Art von Problem zu finden, da er bestimmt:
«In den in Artikel 750 ter Absatz 1 und 3 definierten Fällen ist der Betrag der gegebenenfalls ausserhalb Frankreichs entrichteten Steuer für die unentgeltliche Handänderung auf die in Frankreich fällige Steuer anzurechnen. Diese Zurechnung beschränkt sich auf die für ausserhalb Frankreichs belegenes bewegliches und unbewegliches Vermögen entrichtete Steuer».
Dieser Text kann jedoch nicht auf die Konstellation von in Frankreich gehaltenen SCIs anwendbar sein, da es sich um in Frankreich belegene Vermögenswerte handelt.
Für Frankreich wird bezüglich einer allfälligen Besteuerung in der Schweiz kein «Geschenk» gemacht.
Schauen wir uns nun die Situation auf Schweizer Seite an.
Bei den Anteilen an französischen SCIs handelt es sich gemäss Bundesgericht um bewegliches Vermögen und nicht um Immobilien.
Verschiedene Kantone gehen jedoch davon aus, dass bewegliches Vermögen im Erbfall am Wohnort zu besteuern ist.
Für den Kanton Waadt zum Beispiel präzisiert das Gesetz betreffend Handänderungssteuer auf Immobilienübertragungen und Erbschafts- und Schenkungssteuer (Loi concernant le droit de mutation sur les transferts immobiliers et l’impôt sur les successions et donations, LMSD) vom 27. Februar 1963, dass die Waadtländer Steuer anwendbar ist «für jegliches bewegliche Vermögen, das Teil eines im Kanton eröffneten Nachlasses ist, unabhängig davon, wo es sich befindet».
Auch auf schweizerischer Seite existiert kein System zur Anrechnung der bezahlten Steuern auf französischer Seite.
Folglich geht jedes Land davon aus, dass es das Recht hat, einen solchen Nachlass zu besteuern, ohne dass die Möglichkeit besteht, die Doppelbesteuerung zu beseitigen.
Zu beachten ist, dass sich das Problem nur dann stellt, wenn beide Länder den Nachlass besteuern.
Sehr häufig, und glücklicherweise, ist die Erbschaftssteuer in gerader Linie (Eltern zu Kind) in den meisten Kantonen sehr begrenzt. Die Schwierigkeit der Doppelbesteuerung wird dann durch das Fehlen einer Besteuerung auf schweizerischer Seite behoben.
3. Zunehmende Formalitäten
Die SCI ist eine juristische Person mit Verpflichtungen.
Leider zeigt sich viel zu oft, dass viele grundlegende Pflichten der SCIs nicht erfüllt werden, was die SCI und/oder deren Verwalter möglicherweise Sanktionen aussetzt.
Unter den Verpflichtungen der SCIs sollen zwei genannt werden:
• Meldepflicht der wirtschaftlichen Eigentümer
Seit 2018 müssen Gesellschaften die Informationen zu ihren wirtschaftlichen Eigentümern an das Handels- und Gesellschaftsregister melden.
Es handelt sich um eine spezifische Erklärung bei der Kanzlei des Handelsgerichts, dem die Gesellschaft untersteht, entweder bei der Gründung der Gesellschaft für die seit 2017 eingetragenen Gesellschaften oder durch eine spezifische Erklärung für die vorher eingetragenen Gesellschaften.
Die Nichtanmeldung wurde ursprünglich mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von € 7'500 geahndet.
Art. L561–49 des französischen Währungs- und Finanzgesetzes (Code Monétaire et Financier), der diese Sanktion vorsah, wurde (glücklicherweise) durch die Verordnung vom 12. Februar 2020 aufgehoben und durch die Möglichkeit des Präsidenten des Gerichts ersetzt, jeder Gesellschaft die Einhaltung dieser Vorschrift aufzuerlegen.
• Das Geschäftsleben
Im Bereich der SCI gibt es verschiedene Texte, die den Rahmen für das tägliche Geschäft der Gesellschaft bilden.
So werden beispielsweise Beschlüsse der Gesellschaft, die über die Befugnisse des Geschäftsführers hinausgehen, von der Generalversammlung gefasst (Art. 1853 des französischen Zivilgesetzbuchs).
Die Geschäftsführer müssen den Gesellschaftern mindestens einmal jährlich Rechenschaft ablegen (Art. 1856 des französischen Zivilgesetzbuches).
In der Praxis muss die Gesellschaft für die Abwicklung des Tagesgeschäfts grundsätzlich über ein Bankkonto verfügen (Bezahlung der Liegenschaftssteuer; Zahlung der Versicherung usw.).
Es kommt jedoch vor, dass SCIs gar nicht real existieren: keine Generalversammlung, kein Beschlussverzeichnis, keine Buchführung, kein Bankkonto usw.
In diesem Fall besteht die Gefahr, dass die Gesellschaft als Scheingesellschaft betrachtet werden könnte. Jede Person (zum Beispiel die Steuerverwaltung) könnte dann eine Klage zur Meldung einer Scheingesellschaft einleiten.