
Hohes Alter: Wie man im Voraus Entscheidungen für die Verwaltung seines Vermögens treffen kann
Autor·in: Etienne Jeandin
Veröffentlichungsdatum: 2012
Zusammenfassung des Artikels in der Tageszeitung «Le Temps» vom 18. Juni 2012
Mit der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Änderung des Vormundschaftsrechts steht es jeder Person frei, eigene Vorsorge zu treffen, indem sie für die Verwaltung ihres Vermögens einen Vorsorgeauftrag und zuhanden der Ärzteschaft eine Patientenverfügung errichtet. Schauen wir uns einmal an, was diese neuen Bestimmungen beinhalten:
Vorsorgeauftrag
Es geht darum, eine Drittperson mit der Vermögensverwaltung und/oder der persönlichen Betreuung zu beauftragen, und zwar ausschliesslich für den Fall des Eintritts der Urteilsunfähigkeit.
Als beauftragte Person kommen jede Vertrauensperson, Familienangehörige, Freunde oder professionelle Beauftragte (Notar, Anwalt, Vermögensverwalter etc.) in Frage. Dies kann eine juristische Person sein (Treuhandgesellschaft, Family Office, Bank).
Der beauftragte Dritte ist nicht verpflichtet, den Auftrag zu gegebener Zeit anzunehmen, er kann zurücktreten. Daher sind Substitutionsklauseln sinnvoll. Der Auftrag kann nähere Angaben zur der beauftragten Person übertragenen Tätigkeit, zur Art der Ausführung der erteilten Weisungen sowie zur Entschädigung enthalten. Der Inhalt kann an verschiedenste Einzelfälle angepasst werden.
Der Vorsorgeauftrag kann auf zwei Arten erstellt werden: schriftlich oder durch öffentliche Urkunde vor einem Notar. Beide Formen ermöglichen es der auftraggebenden Person, den Auftrag auf dem Zivilstandsamt zu registrieren, damit man bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit weiss, dass das Dokument existiert. Die vom Notar unterzeichnete öffentliche Urkunde wird vom Notar in jedem Fall aufbewahrt.
Bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit hat die Vormundschaftsbehörde die Gültigkeit des Vorsorgeauftrags und die Eignung der bevollmächtigten Person zu prüfen. Sie übergibt der beauftragten Person allenfalls ein amtliches Dokument, das ihre Kompetenz zur Vertretung der Person und zur Ausführung des ihr von der auftraggebenden Person erteilten Verwaltungsmandats bestätigt.
In der Folge wird die Behörde nur punktuell als Aufsichtsbehörde tätig. Dabei ist zu beachten, dass der Auftrag nie endgültig ist: Er erlischt, sobald die auftraggebende Person ihre Urteilsfähigkeit wiedererlangt hat.
Was ist mit Personen ohne Vorsorgeauftrag?
Das Gesetz sieht vor, dass bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit dem Ehegatten (bzw. dem eingetragenen Partner bei gleichgeschlechtlichen Paaren), der mit der betreffenden Person noch in einem gemeinsamen Haushalt lebt und/oder der die betroffene Person regelmässig und persönlich betreut, ein gesetzliches Vertretungsrecht zukommt. Demgegenüber verfügt der unverheiratete Lebenspartner über keine gesetzliche Vertretungsbefugnis.
Die Patientenverfügung
Die Patientenverfügung ist in vereinfachter Schriftlichkeit zu errichten: Die Person muss das Dokument handschriftlich datieren und unterzeichnen, wobei das Dokument mit der Maschine geschrieben sein kann oder sogar aus einem Formular-Vordruck bestehen kann. Die Patientenverfügung kann von der Person selber aufbewahrt werden, oder, was besser ist, einem Arzt oder jeglicher sonstigen Person ihres Vertrauens anvertraut werden.
Die Patientenverfügung ist für den Arzt verbindlich, es sei denn, sie verstösst gegen das Gesetz (z. B. direkte aktive Sterbehilfe) oder sie entspricht nicht dem freien oder mutmasslichen Willen des Patienten. Das Gesetz räumt jeder dem Patienten nahestehenden Person das Recht ein, sich an die Erwachsenenschutzbehörde zu wenden, wenn die Patientenverfügung nicht befolgt wird oder wenn sie nicht freiwillig durch den Patienten erstellt wurde.
Die Patientenverfügung kann Teil eines Vorsorgeauftrags sein.
Was ist mit Personen, die gegenüber dem Arzt keine Kontaktperson genannt haben?
Der Ehegatte (oder die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner) verfügt über ein gesetzliches Vertretungsrecht. Der unverheiratete Lebenspartner, der mit der betreffenden Person in einem Haushalt lebt, verfügt ebenfalls über ein Vertretungsrecht. Diese Befugnisse stehen auch Kindern und Enkelkindern, Vätern und Müttern sowie Brüdern und Schwestern zu, soweit sie persönliche Betreuung leisten.